Eisenhüttenstadt (MOZ) Seit dem 2. Spieltag im August 2019 wartet Dynamo Eisenhüttenstadt in der Fußball-Landesliga auf einen Sieg. Trotz der 14 Niederlagen aus den folgenden 16 Partien würde Trainer Dirk Liedtke seiner Mannschaft den Klassenerhalt noch zutrauen. Unabhängig davon hatte sich der 51-Jährige schon Ende März für einen immer wahrscheinlicher werdenden Saisonabbruch ausgesprochen.

Herr Liedtke, wie geht der FSV Dynamo mit der Situation um?

Wie fast überall ist auch bei uns das Vereinsleben nahezu zum Erliegen gekommen. Trotzdem erreichen mich immer wieder Mitteilungen über Aktivitäten einzelner Vereinsmitglieder, die derzeit damit beschäftigt sind, den Innenausbau unseres zweiten Pavillons voranzutreiben – natürlich alles unter dem Gebot der Einhaltung der behördlichen Auflagen. In diesem Pavillon werden sich die neuen Männerkabinen, ein Materialraum, ein Kraftraum und sanitäre Anlagen befinden. Damit verbunden schaffen wir zugleich in unserem anderen Gebäude mehr Platz für unseren Nachwuchs und vor allem für unsere Schiedsrichter, die ja bisher mit einem sehr engen Raum auskommen mussten.

Welche finanziellen Auswirkungen hat die Pandemie auf den Verein?

Wir rechnen mit Einbußen. Obwohl der Ball ruht, haben wir laufende Kosten, da wir unsere Sportanlage mit unserem Platzwart alleine bewirtschaften. Zudem fallen die Einnahmen aus den Spieltagen weg und verständlicherweise werden auch wir im Sponsoring Abstriche machen müssen. Ein Vorteil in diesen Zeiten ist sicherlich, dass wir im Männerbereich keine Vertragsspieler haben, keine Handgelder zahlen und weitestgehend auf unseren eigenen Nachwuchs setzen, so dass uns diesbezüglich ein weiterer Kostenpunkt erspart bleibt. Wir sind ein kleiner Verein, der sich zu großen Teilen über die Vereinsbeiträge finanziert. Auch darum nochmal die Bitte an alle Vereinsmitglieder: Zeigt euch solidarisch, zahlt eure Mitgliedsbeiträge – sie dienen der Förderung beziehungsweise dem Erreichung des Vereinszwecks und wenn das funktioniert, bedarf es keines weiteren Aktionismus. Wir werden, wenn es wieder los geht, gut aufgestellt sein und gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.

Wie ist die Stimmung im Team?

Wir hatten die letzte Trainingseinheit am 12. März – das war praktisch das letzte Mal, dass wir zusammen waren. Trotz der damals eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten hatten wir eine für unsere Verhältnisse große Beteiligung und die Stimmung war hervorragend.  Zwei Tage später wäre der Spitzenreiter in den Sportpark gekommen. Wir waren heiß auf diese Partie und guter Dinge, dass wir etwas Zählbares erreichen können. Doch dann kam die Absage und seitdem gibt es nur noch telefonischen Kontakt, von daher ist die derzeitige Stimmung in der Mannschaft nicht zu beurteilen. Ich kann mir aber vorstellen, dass es den meisten so geht wie mir – ohne Fußball ist alles doof.

Gibt es einen Plan für individuelles Training?

Die Spieler haben die Aufgabe, zweimal wöchentlich ein Fußballspezifisches Intervalltraining in Laufformen zu absolvieren. Zudem habe ich ihnen ein Link mit Home-Workouts zur Verfügung gestellt. Wenn alle Spieler wöchentlich diese drei Trainingseinheiten à 60 Minuten absolviert haben, sollten sie einigermaßen fit sein. Aber wir brauchen uns nichts vormachen: Der Mensch lebt mit einer gewissen Bequemlichkeit und desto länger die Krise andauert, desto schwieriger wird es für jeden einzelnen, seinen inneren Schweinehund und die Bequemlichkeit zu überwinden. Wie gut oder wie schlecht jeder einzelne das Programm absolviert hat, werden wir sehen, wenn es wieder losgeht. Wann auch immer das sein wird, werden wir zum Anfang die Fitness der Spieler testen. Auch in unseren Nachwuchsmannschaften werden von den Trainern Trainingsinhalte angeboten und der Kontakt über die sozialen Medien aufrechterhalten.

Wie steht der Verein zu einem Abbruch beziehungsweise einer Fortsetzung der Saison?

Wir haben uns schon Ende März für einen sofortigen Saisonabbruch ausgesprochen, da schon damals zu erkennen war, dass mit dem Ausmaß der Pandemie und den einhergehenden behördlichen Auflagen kein Fußball im Amateurbereich in absehbarer Zeit mehr möglich ist. Warum man sich mit einer Entscheidung bis zum heutigen Tage so schwer tut, ist mir unbegreiflich, denn an der grundlegenden Situation hat sich bis heute nichts geändert. Durch diese Hängepartie ist es aus meiner Sicht für alle Vereine schwer, die Zukunft zu planen – und das betrifft nicht nur den Männerbereich, sondern auch die Nachwuchsabteilungen. Zudem hätte ich mir eine einheitliche Entscheidung der Landesverbände unter der Schirmherrschaft des DFB gewünscht. In Zeiten solch einer Pandemie sollte der Föderalismus einfach auch mal hinten anstehen und der Fußball hätte die Möglichkeit gehabt, der Politik zu zeigen, wie es bessergeht. Dadurch, dass jetzt in jedem Landesverband unterschiedliche Entscheidungen getroffen werden, wird genau wie in der Politik einer Diskussion reichlich Nahrung geboten.

Wäre es nicht sogar ein Vorteil als Tabellenletzter, sollte die Saison abgebrochen werden?

Ein Saisonabbruch wäre nicht zwingend für uns ein Vorteil, weil dieser ja nicht gleichbedeutend mit einer Wertung ist. Obwohl ich es nicht ausschließen kann, bin ich davon überzeugt, dass wir den Klassenerhalt sportlich geschafft hätten. Mit Jan Kretschmann, Christian Wulff, Benjamin Bartz und Tom Nolten standen und stehen uns jetzt wieder vier Stammspieler zur Verfügung, die uns in der ersten Halbserie zu großen Teilen gefehlt haben. Die Art und Weise, wie wir gegen Hohenleipisch und Blankenfelde aufgetreten sind, hat gezeigt, dass wir sportlich mithalten können und auch mir wäre eine sportliche Entscheidung auf dem Rasen lieber gewesen. So eine Pandemie ist ein äußerer Einfluss, für den keiner etwas kann. Von daher bleibt aus meiner Sicht nur, die Saison zu annullieren und als nicht stattgefunden zu werten. Wenn das so entschieden werden würde, gebe ich Ihnen Recht – wir würden davon profitieren. Wird es anders entschieden, wären wir benachteiligt. Zusammenfassend gesagt egal wie, es wird in diesem Fall keine gerechte Lösung geben. Umso besser wäre es gewesen, wenn alle Landesverbände eine einheitliche Entscheidung getroffen hätten.

Gibt es bereits Pläne für die neue Saison sowie Gespräche mit neuen Spielern?

Wie schon gesagt, ist es für uns schwierig in der jetzigen Situation, die Planungen für die neue Saison voran zu treiben. Trotzdem werden wir es nicht viel länger auf die lange Bank schieben können und anfangen müssen, die Bereitschaft der Spieler für die neue Saison abzufragen. Neue Spieler zu finden ist in unserer Region nicht ganz so einfach – vor allem für den Offensivbereich suchen wir noch talentierte und willige Spieler, die auf Landesebene kicken wollen. Von daher würde ich mich freuen, wenn sich der eine oder andere bei mir meldet. Ansonsten werden wir unsere Vereinsphilosophie weiterleben und auf unseren eigenen Nachwuchs setzen. Auch in der neuen Saison wollen wir vier bis fünf Spieler von den A- Junioren mit hochnehmen.